Aktuell ist immer wieder von einem Verbot für Lebensmittel die Rede, die unter den Herstellungskosten verkauft werden. Und ja: Es kann nicht richtig sein, dass Lebensmittel immer billiger werden, während hessische Großmetzgereien Ekelwurstskandale produzieren oder die Landwirte protestieren, weil sie von Ihrer Arbeit nicht mehr leben können. Die SPD will gute Löhne für gute Arbeit. Denn Arbeit hat einen Wert und verdient Anerkennung. Das gilt für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Lebensmittelindustrie und selbstverständlich auch für Landwirte. Damit ist klar: Lebensmittel dürfen nicht verramscht werden.
Durch den Ernst der Lage geht mir ein Verbot für Dumpingangebote jedoch nicht weit genug. Ich bin für einen grundsätzlichen Neustart der Lebensmittel- und Landwirtschaftspolitik. Die Milliardensubventionen scheinen nicht bei den Landwirten anzukommen. Verbraucher haben kaum die Chance zu erkennen, welche Qualität das Lebensmittel hat oder wie das Tier gehalten wurde.
Laut einer ARD-Umfrage ist jeder Zweite (54 Prozent) der Meinung, dass die Lebensmittelpreise in Deutschland zu niedrig seien. 41 Prozent der Befragten wollen sogar lieber Obst, Gemüse, Fleisch, Wurst oder Käse aus der Region kaufen. Grob über den Daumen gerechnet wären das im Bergwinkel 10.000 Haushalte, die sich gerne stärker regional ernähren würden. Wenn dem so wäre, müssten sich unsere Landwirte in der Region keine Sorge mehr machen. In der Realität ist das natürlich nicht so. Wir müssen uns also die Frage stellen, weshalb wir Verbraucher gerne regional kaufen würden, es aber dann ganz offensichtlich doch selten so machen. Ist das Angebot zu gering oder die Waren aus der Region zu schlecht als solche gekennzeichnet? Sind die Preise zu hoch oder die Billigangebote einfach zu verlockend? Ist es für die Betriebe zu aufwendig direkt zu vermarkten oder die Auflagen zu hoch?
Damit ich jetzt nicht missverstanden werde: Landwirte sollen und wollen keine Almosenempfänger sein, sondern sie wollen mit ihren Produkten verdienen und davon leben können. Wenn man Preise nicht gesetzlich regeln will, muss man die Standards in Europa angleichen – sonst ist die heimische Landwirtschaft immer im Nachteil. Denn der Handel kauft gerne dort ein, wo am billigsten produziert wird.
Die SPD steht für den Erhalt einer leistungs- und wettbewerbsfähigen Landwirtschaft, die sichere Lebensmittel produziert und den Menschen in den landwirtschaftlichen Betrieben ein gutes und stabiles Auskommen sichert. Die Sicherung des Tierwohls, die Stärkung der Biodiversität sowie der Boden- und Grundwasserschutz sind essentielle Bestandteile einer nachhaltigen Landwirtschaft. Den Landwirten pauschal zu unterstellen, sie lehnten diese Ziele ab, ist sicherlich falsch und übersieht, dass sich in den zurückliegenden Jahren in den Agrarbetrieben eine große Sensibilität für die Anforderungen an nachhaltiges Wirtschaften entwickelt hat.
Mir ist es wichtig, dass wir in der Region auch in Zukunft Landwirtschaft haben. Wenn wir höhere Standards haben wollen, dann müssen wir bereit sein, mehr Geld für unsere Lebensmittel auszugeben. Und für die Politik gilt, in der europäischen Agrarpolitik auf gleiche Produktionsbedingungen zu bestehen. Denn gerechte Erzeugerpreise und faire Produktionsbedingungen sind gut für die Verbraucher und gut für die Landwirtschaft.
(Dieser Artikel erschien als Abgeordnetenkolumne in den Kinzigtal Nachrichten vom 12.02.2020)