Kolumne: Der Abschuss von Wölfen wird erleichtert – reicht das, um das Problem zu lösen?

Manchmal beschleicht mich das Gefühl, die Ministerin verwechselt den Wolf mit einem freilaufenden Chihuahua.

Kolumne in den Kinzigtal-Nachrichten

Den Abschuss von Wölfen zu erleichtern ist aus meiner Sicht richtig, aber es löst die anstehenden Probleme bei weitem nicht. Ist Hessen ausreichend auf den Wolf vorbereitet? Diese Frage stellte ich bereits 2015 an die Landesregierung. Damals wie heute lautet mein Fazit: Nein! Nachdem Fund einer toten Wölfin zwischen Bad Orb und Burgjoß im Jahr 2019 traf ich mich zu einem Gespräch mit der Umweltdezernentin des Main-Kinzig-Kreises Susanne Simmler. Ich berichtet ihr davon, dass ich seit je her große Zweifel an der Wirksamkeit des hessischen Wolfsmanagementplans habe. Das mag daran liegen, dass dieser zu einer Zeit verfasst wurde, als die Landesregierung selbst noch nicht an die Rückkehr des Wolfes glaubte. Die Antworten des Umweltministeriums auf meine Anfragen aus dieser Zeit waren teilweise sehr haarsträubend. So erklärte die damalige Staatssekretärin Tappeser tatsächlich, dass die Anzahl der überfahrenen Wölfe darauf schließen lässt, dass Hessen kein geeigneter Lebensraum für Wölfe sei. Im Umkehrschluss müsste das Umweltministerium dann auch sagen, dass durch die Anzahl der überfahrenen Rehe, Wildschweine oder Füchse anzunehmen sei, dass auch diese Wildtiere hier keinen geeigneten Lebensraum hätten. Diese Aussage des Ministeriums war natürlich schlichtweg Quatsch. Genauso die Aussage, dass Hessen zu dicht vom Menschen besiedelt sei und der Wolf sich deshalb hier nicht wohlfühlt. Nicht wenige hessische Landkreise – wie beispielsweise der Vogelsbergkreis – sind deutlich dünner besiedelt als das sächsische Wolfsgebiet. Das sollte man im hessischen Umweltministerium wissen. Kurz: Der Wolfsmanagementplan verdient diesen Namen nicht. Er ist bestenfalls eine hübsche Broschüre für den Biologieunterricht.

Ich erinnere mich auch noch sehr genau an eine Sitzung des Umweltausschusses im Dezember 2015, als Ministerin Hinz erklärte, dass der Plan ein lernendes System sei und neue Erkenntnisse regelmäßig in den Wolfsmanagementplan einfließen sollen. Das wollten Susanne Simmler und ich jetzt noch mal genauer wissen und erarbeiteten vor einigen Wochen gemeinsam eine Anfrage an das Ministerium (Drucksache 20/1333). Die erste Frage lautete: „Welche neuen Erkenntnisse wurden seit Dezember 2015 zu welchem Zeitpunkt in den Wolfsmanagementplan der Landesregierung eingearbeitet und wo sind diese Aktualisierungen der Öffentlichkeit zugänglich?“ Die Antwort lautete: „Derzeit findet aufgrund der anstehenden rechtlichen Änderungen, dem Anstieg der Wolfsnachweise und der Ausweitung der finanziellen Hilfen eine Überarbeitung statt.“ Da hätte sie auch genauso schreiben können: „Nö, hat nicht so geklappt wie wir uns das vorgestellt haben.“ Hat
sie aber nicht. Manchmal beschleicht mich das Gefühl, die Ministerin verwechselt den Wolf mit einem freilaufenden Chihuahua.

Die Rückkehr des Wolfes in Hessen stößt bei den Menschen auf unterschiedliche Reaktionen. Zum einen ist Vorfreude und Faszination für das Tier zu erkennen, zum anderen aber auch Verunsicherung und Ablehnung. Da reicht es nicht, wie in Hessen eine Wolfshotline einzurichten, die einen unverzüglich zu einem Anrufbeantworter weiterleitet. Wer den Wolf will, muss die Nutztierhalter adäquat entschädigen und mehr als das bisherige Klimpergeld für Herdenschutzmaßnahmen investieren.